Es selbst in die Hand nehmen

Ich war schon bei so vielen Ärzten und Therapeuten und ich habe immer noch Schmerzen. Die Medizin ist so weit, aber mir kann keiner helfen?

Viele Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden, haben bereits zahlreiche Termine bei Ärzten und Therapeuten verschiedener Fachrichtungen hinter sich. Die Hoffnung, dabei jemanden zu finden, der das eigene Schmerzproblem spürbar verbessert oder möglicherweise sogar heilt, ist groß. In der Not greift man nach jedem Strohhalm. Manche Menschen mit chronischen Schmerzen investieren dabei viel Zeit und Geld in unterschiedlichste Therapieversuche, ohne dass sich der gewünschte Erfolg einstellt.

Vielleicht haben Sie auch schon solche Enttäuschungen erlebt. Die erhofften Unterstützungen (durch Medikamente, Massagen, Spritzen etc.) wurden vielleicht gar nicht erst bewilligt oder halfen nicht dauerhaft. Der nächste Therapeut "kochte auch nur mit Wasser" und der anfänglich so vielversprechende neue Behandlungsansatz brachte doch nicht den großen Fortschritt.

Wie bei anderen chronischen Erkrankungen, gibt es auch für den chronischen Schmerz keine Behandlungsmethode, die den Schmerz "heilt" und so das Problem grundsätzlich behebt. Die Frage ist in der Regel nicht „Wer kann mich heilen?“, sondern vielmehr „Wie gehe ich am besten mit der Situation um?“. Das haben chronische Schmerzen mit anderen chronischen Krankheiten gemeinsam. Wenn z.B. Menschen mit Asthma ihr Verhalten und ihren Lebensstil an die Erkrankung anpassen, können sie ein zufriedenstellendes und weitgehend normales Leben führen. Dazu ist es sinnvoll, schädliche Einflüsse (z.B. Rauchen, Übergewicht, feuchtes Innenraumklima) zu vermeiden und das, was nützlich ist und guttut, verstärkt ins Leben einzubeziehen (z.B. körperliches Training, Atem- und Entspannungstechniken).

Es geht also darum, Ihr eigenes Fachwissen und Ihre Erfahrung im Umgang mit Ihren Schmerzen in Ihre Lebensgestaltung einzubringen! Wenn Sie Ihre Schmerztherapie selbst in die Hand nehmen, erreichen Sie die größten Erfolge. Selbstverständlich steht Ihnen dazu auch therapeutische und medikamentöse Unterstützung zur Verfügung – getreu dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Wenden Sie daher diejenigen Strategien regelmäßig selbst an, die Sie schon als hilfreich im Umgang mit Ihren Schmerzen erfahren haben (z.B. Wärme- oder Kälteanwendungen, bestimmte Dehnübungen, Beschäftigung mit Dingen, die Sie gut ablenken)! Sie können, je nach Ihrem Erfahrungswissen und neuen Erkenntnissen, immer wieder etwas anpassen und ergänzen. So sind Sie unabhängiger von äußerer Unterstützung und nicht so sehr auf Behandlungstermine angewiesen.

Sie nehmen die Dinge wieder selbst in die Hand, fühlen sich den Schmerzen nicht so ausgeliefert und stärken dadurch auch Ihr Selbstvertrauen. Dabei können Sie natürlich immer wieder Hilfe und Rücksprache in Anspruch nehmen! Ärzte, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und Therapeuten aus anderen Heilberufen, aber genauso auch Freunde und Familienmitglieder können Sie auf Ihrem Weg unterstützen und begleiten.


Anregungen Für Sie zu Hause

Fragen zur Selbst-Reflektion

  • Was können Sie selbst dazu beitragen, dass Ihr Leben - trotz Ihrer Schmerzerkrankung -  in die gewünschte Richtung verläuft? Seien Sie ehrlich zu sich selbst und hinterfragen Sie, ob und wo Sie Dinge an andere abgeben, die Sie selbst, vielleicht auch mit Unterstützung in die eigenen Hände nehmen könnten.
  • Was ist Ihnen persönlich wichtig und gibt Ihrem Leben Orientierung? Was bräuchte es in der augenblicklichen Situation, um dem ein Stück näher zu kommen? (Weitere Anregungen zu diesem Thema siehe Kapitel “Was das Leben wertvoll macht“). Was wäre ein nächster kleiner, konkreter und machbarer Schritt?

Tipps zur praktischen Umsetzung:

  • Machen Sie sich einen Plan (für den nächsten Tag oder die nächste Woche). Tragen Sie Ihre "Selbsthilfe-Aktivitäten" wie in einem Stundenplan ein.
    Beispiel: „Am Montag stehe ich 15 Minuten früher auf und nehme mir Zeit für ein paar Bewegungsübungen, die mir guttun. In der Mittagspause mache ich einen 15-minütigen Spaziergang oder setze mich auf die Bank im Park. Am Abend um 20 Uhr mache ich eine 15-minütige Entspannungsübung."
  • Richten Sie den Aufmerksamkeitsfokus auf kleine, positive Aktivitäten und Erlebnisse. Vielleicht haben Sie Lust, ein „Positiv-Tagebuch“ zu führen, in welches Sie täglich drei angenehme Erlebnisse eintragen?
  • Setzen Sie sich kleine Ziele, die Sie gut schaffen können.
  • Loben Sie sich selbst für Ihre Fortschritte! Damit machen Sie sich unabhängiger von äußerer Anerkennung.
  • Wenn es mal nicht gelingt, die geplanten Aktivitäten umzusetzen, kritisieren Sie sich nicht so streng, sondern versuchen Sie die Schwierigkeiten nachzuvollziehen und es am nächsten Tag anders anzugehen. Bleiben Sie am Ball!